Leinen los in der Türkei, dass Abenteuer zurück durch das Mittelmeer hat begonnen.

Nach einer sehr stürmischen Überfahrt mit 25 Knoten von Rhodos nach Karpathos, einer Insel zwischen Rhodos und Kreta, lagen wir heute Nacht vor dem Dorf Daifani. Bevor wir vor Dafani vor Anker gegangen sind versuchten wir in einer einsamen Bucht zu landen, was aber durch einen extremen Wellengang und Schwell nicht möglich war. Christina, ein Gast der SAMCAT, bekam bei der sehr engen Durchfahrt, aufgrund der angezeigten Wassertiefe von 1.60 m., fast einen Herzinfarkt. Was sie nicht wusste ist, dass dies nicht die Wassertiefe war, sondern die noch verbleibende Tiefe unterm Kiel. Auch der Versuch mit einer Landleine zu ankern ging schief, da der Anker auf Seegras nicht hielt. Somit hieß es Kommando zurück und ab nach Daifani. Eine Nacht mit hohem Schwell und Fallböen von ca. 30 Knoten stand uns bevor. Nach dem ersten Kaffee am nächsten Morgen und der Prüfung des Wetterberichts waren wir nicht sehr erfreut darüber zu lesen das es noch wilder werden sollte. Windböen bis 30 Knoten bei einer Welle von max. 2m. mit halbem Wind (Wind von der Seite) erwarteten das Team der SAMCAT. Wir wagten die Überfahrt und somit lichteten wir den Anker in der Früh um 6:30 Uhr. Zunächst ohne Segel und gegen den Wind, ging es an der Küste Karpathos gegen Norden bis zu besagten Meerenge. Dieses Mal wussten wir, dass wir unbeschadet durch die geringe Tiefe kommen würden, doch auch dann war besondere Achtsamkeit geboten.

Diesmal handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen Blogeintrag, denn unser Gast Christina gewährt uns einen Einblick in ihr ganz persönliches Tagebuch. Die gesamte letzte Woche hat Christina ihre Gedanken, Eindrücke und Empfindungen auf der SAMCAT in ihrem Tagebuch festgehalten und die möchte sie jetzt mit euch teilen.

 

Christinas Tagebucheintrag:

Da wir uns am Tag zuvor ja dazu entschieden hatten, oben um Karpathos zu segeln, konnten wir Kreta nun aus nordwestlicher Richtung ansteuern und den Wind besser nutzen als am Vortag. Am Ausgang der Passage setzten wir dann die Genua (das vordere große Segel). Und die Fahrt ging auf‘s offene Meer hinaus. Anfangs hatten wir die Wellen von überall her, sogenannte Kreuzsee wegen unterschiedlich großer Meerestiefen, später kam die Welle größtenteils von Steuerbord (rechts). Mitunter türmten sie sich meterhoch auf und erwischten uns oben sogar auf der Flybridge. Wenn man unten im Salon stand, wirkten die heranrollenden Wellen noch bedrohlicher. Man sah nur Wasser. Acht Stunden zog sich das so hin bis wir die Westspitze von Kreta erreichten. Auf der Westseite hatten wir mehrere ansteuerbare Buchten ins Auge gefasst. Die erste lag noch viel zu offen am Meer und die Wellen schlugen gegen die Felsen. Die zweite, Sideros, sah traumhaft aus und wirkte auch ruhig. Der Ankerplatz war aber zu schmal und damit zu gefährlich bei auffrischendem oder sich drehendem Wind. Wir verließen die Bucht also wieder und fanden einen besseren Platz in der nächsten – allerdings ohne Mobilfunk – Bucht. Windsurfer flogen über das schäumende Wasser. Während Martin den Anker warf, sprang Ralph mit der Landleine ins Wasser. Er musste einen geeigneten Platz finden um die beiden Landleinen sicher zu befestigen. Geschafft – die Befestigungen schienen zu halten. Wir widmeten uns daraufhin dem groben Großputz des Schiffes, denn das Salz des Meeres saß inzwischen überall. Mit Hochdruckreiniger, mit Schlauch und Wischmopp putzten und anschließend trockneten wir. Die ganze Prozedur dauerte mindestens zwei Stunden. Ein Feierabend-Bier hatten wir uns anschließend verdient.
Am Abend kochten wir dann Rindergeschnetzeltes mit all dem, was noch so da war.

Der Wind nahm währenddessen wieder weiter zu. Eine weitere Nacht mit Ankerwache stand uns bzw. Martin bevor. Denn wie sollte ich einschätzen, ob der Winkel der Landleinen noch der gleiche wäre und der Stein mit der Spitze immer noch auf die vordere Reling passt?
Sechs Mal ging der Anker-Alarm in der Nacht los. Martin überlegte schon mitten in der Nacht abzulegen, weil wir bei 30 Knoten Wind arg abgetrieben wurden. Während ich seelenruhig schlief. Es ging aber alles gut. Auf ein ausgiebiges Frühstück, wie wir es eigentlich vorhatten, verzichteten wir dennoch und legten mit einer Blitzaktion ab: Ralph löste die Landleine Backbord während Martin schon den Anker lichtete. Anja zog die schwere Leine schnell ein. Daraufhin fuhr Martin ein Stückchen zurück. Die Spannung löste sich und Ralph konnte den Palstek (Knoten) lösen. Schnell sprang er mit der Leine ins Wasser und ich zog ihn zum Boot zurück. Diesmal klappte es besser als die Szenarien, die wir vorher durchgesprochen hatten. 8:15 Uhr stachen wir in See. Der Kurs führte uns zuerst wieder ein Stück zurück. Dann machten wir eine Wende um 320 Grad und sind seitdem auf der Route Richtung Agios Nikolaos. Unser Ziel Spinalonga liegt nördlich davon. Noch immer ist die See rau aber inzwischen haben wir uns daran ja schon gewöhnt.

Christinas Tagebucheintrag:

Hallo Ihr Lieben! Ich erzähle mal, wie es weiterging…

Wie ich schon berichtete, wendeten wir gegen 9:30 Uhr weit nordöstlich vor Kreta, um den Wind zur Anfahrt auf Spinalonga besser nutzen zu können. Martin setzte zwei Segel parallel, Sturmfog und Genoa. So wurde das große Segel etwas geschont ohne den Vortrieb einzubüßen.
Was auf der Karte wie ein Katzensprung aussah, zog sich nun abermals über sechs Stunden und die hohen Wellen knockten Anja und Ralph aus. Während Martin und ich die Fahrt oben auf der Flybridge verbrachten, lagen die beiden unten, um nicht vollends seekrank zu werden.
Zwischendurch, als wir in der Landabdeckung einer kleinen Insel nördlich von Kreta fuhren, traute ich mich, uns ein kleines Frühstück zu machen. Sobald wir diese wieder verließen, war der Wind wieder stärker und die Wellen höher. Den angepeilten Kurs konnten wir nicht halten. Durch den Drift schob es uns südlicher als wir eigentlich wollten. Angekommen an der Küste musste nun das Segel eingeholt werden. Mit Motorkraft ging es an der Küste entlang bis zur Einfahrt der Spinalonga-Bucht. Die vorgelagerte Insel Spinalonga beherbergte einst eine Siedlung von Leprakranken. Touristen bestaunen heute die verlassene Siedlung und das alte Castell. Malerisch und geschützt vor dem Meltimi (Wind) erstreckte sich vor uns nun diese große wunderschöne Bucht.
Nach dem Ankern an einem geeigneten Platz mußte das Schiff nun wieder vom Salz befreit werden. Zwei Stunden dauert es wohl immer, alles abzuspritzen, abzuwischen und wieder zu trocknen. Puh.
An diesem Abend machten wir uns fertig, um an Land essen zu gehen. Wir hatten wieder festen Boden unter den Füßen und ließen uns in einer griechischen Taverne beköstigen. Eine typische Vorspeisenplatte, Gyros, Stifado und Garnelen. Alles schmeckte super lecker.
Schnell noch den Müll entsorgt, ging es gegen zwölf zurück zum Schiff. Erstmals konnten alle beruhigt schlafen. Anja und ich nutzten die milde Nacht, um einmal unter freiem Himmel zu schlafen. Der Sternenhimmel sah fantastisch aus! Uns weckten morgens dann die ersten Sonnenstrahlen….

Gestern sollte ein Ruhetag von der Seefahrt eingelegt werden – aber nicht etwa zum chillen! Eine ellenlange To-Do-Liste wurde schon am Vortag aufgestellt! Die Vorräte neigten sich dem Ende entgegen und so fuhren Anja und Ralph einkaufen. Voll bepackt kamen sie zurück. Inzwischen war es zwölf und unsere Mägen knurrten. Flugs briet ich Spiegeleier auf Zwiebeln und anschließend machten Anja und ich westfälische Püfferchen – damit die Männer den Bezug zur Heimat nicht verlieren. Lach.
Dann stand noch das Anknüpfen der Persenning auf der Flybridge und das Aufkleben der neuen Beschriftungen auf dem Plan. Erledigt – wir durften uns ein Feierabend-Bier genehmigen.

Am Abend holten Ralph und Martin Gyros von einer Pommesbude, weil wir keine Lust zum Kochen hatten. Danach folgte ein Abend mit Martins typischen, psychologischen Analysen und allerhand Wissenswertem über den Antrieb von Menschen, die Geschäftswelt und die Seefahrt. Erst gegen drei legten wir uns heute Nacht auf’s Ohr.

 

Christinas Tagebucheintrag:

13.09.2018.
Der Himmel ist bedeckt, es sind ein paar Regentropfen gefallen, so finden wir den Tag heute vor.
Eine Weiterfahrt macht aufgrund des Windes keinen Sinn und so bleiben wir hier liegen. Langsam muss ich an die Rückreise denken. Noch immer habe ich keinen Flug gebucht und weiß nicht, ob ein Wiedersehen mit meiner Freundin Martha auf Kreta noch klappt. Wir werden sehen, was der heutige Tag noch bringt.

                                                                              

 

Ein Kommentar

  • Jürgen Siebert

    Ich freu mich immer wieder, von euch zu lesen, insbesondere so authentische Beiträge wie diesen. Genau das macht doch Segeln aus! Weiterhin: „Gute Reise“


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