Er ist seit 2003 Vorstand der Modus Consult AG, verkaufte vor zwei Jahren seine Gesellschafteranteile und wird in wenigen Wochen endgültig ein freier Mann sein: Martin Schildmacher (52) geht als Unternehmenslenker von Bord, um als Skipper das Ruder eines 17 Meter langen Katamarans zu übernehmen. In seinem zukünftigen Leben hat er stets Blauwasser vorm Bug, ob im Mittelmeer, der Karibik oder in der Südsee. Der leidenschaftliche Segler verfolgt dabei ein Projekt, das wohl einzigartig ist: Schildmacher wird aus seinem Katamaran eine schwimmende Universität machen – für Führungskräfte und Experten, für Start-ups und für Querdenker. Und ohne Gewinnabsicht. Heiner Wichelmann besuchte den Gütersloher beim Kistenpacken in seinem Haus.

Schildmacher ist ein Leader und er ist kreativ. Dazu Musiker, Kommunikator, Netzwerker mit internationalen Verbindungen und zum Beispiel auch Autor eines 2018 erscheinenden Fachbuchs über moderne Unternehmensorganisation ohne Hierarchien. Ein Allrounder, der jetzt mit seinem Freund seit Kindestagen, dem Filmemacher Ralph Appru, zu einem Abenteuer aufbricht, das es in dieser Form in der westlichen Welt (mit einer Ausnahme in Asien) noch nicht gibt. Appru wird als Deckshand arbeiten. Außerdem ist er ein zertifizierter medizinischer Erstversorger. Martin Schildmacher ist der Skipper auf dem Schiff. Er bündelt seine unternehmerische Erfahrung, seine Kontakte und seine Lust an Gestaltung in ein Projekt, das Führungskräften, Querdenkern und Kommunikatoren perfekte Rahmenbedingungen ermöglicht, um innovativ denken und arbeiten zu können.

Wie alle guten Ideen ist auch diese im Kern ganz einfach: Schildmacher bietet wochenweise Mitsegelmöglichkeiten für jeweils bis zu acht Personen große Gruppen an, die fernab von jeder Ablenkung und kurzfristigen Erreichbarkeit in freier Diskussion („Open your mind“) und themenkonzentrierter Arbeit („Improve your business“) innovative Lösungen erfahren und finden können. „Auf dem Schiff gibt es viel bessere Think-Tank-Rahmenbedingungen als anderswo. Hier, in einer offenen Gesprächskultur, entsteht der entscheidende Moment. Du bist umgeben von kreativen Menschen, Du findest zu einem Teamspirit durch gemeinsame Beschäftigungen an Deck, wie zum Beispiel dem Setzen eines Spinnakers und du hast Mentoren vor Ort, die dich nicht belehren oder dich beraten, sondern die lediglich ihre Erfahrungen schildern. Das ist ein Ansatz, der offen denken lässt, Denkverbote ausschließt.“ Zu den Mentoren, die auf dem Schiff sein werden, gehören so illustre Namen wie Rolf Schrömgens, TRIVAGO-Gründer mit viel Erfahrung beim Börsengang; Sven Umlauf, Gründer der Tormedia GmbH und Experte für Online-Geschäftsmodelle, Social Banking sowie Social-Online-Selling-Systeme, aber auch einer wie Dr. Oliver Tissot, Entertainer, Kabarettist, Stand-up-Comedian und „Hofnarr mit Niveau“ in einer Person.

Mit der SAMCAT soll kein Geld verdient werden

Auch wenn Schildmacher durch und durch ein Unternehmer ist („Ich muss kreieren, ich muss schaffen, ich muss Verantwortung tragen. Das war mein ganzes Leben so.“) – Profit soll das Katamaran-Projekt nicht abwerfen. „Ich möchte ein Plus-Minus-Null-Ergebnis. Uns geht es um zwei Dinge: das Segeln und den Spaß daran, neue Menschen und andere Kulturen kennenzulernen.

„Wir lieben es, mit Menschen zusammenzukommen, die getrieben sind von Ideen, die Lust haben, etwas zu erschaffen und zu bewirken, und die Freude daran haben, auf Menschen zu treffen, die ähnlich ticken.“ – Martin Schildmacher –

Als Mitgründer der deutschen Entrepreneur Organisation – weltweit zählt EO mehr als 12.000 Mitglieder – weiß ich, wie wichtig Erfahrungsaustausch ist. Davon habe ich auch profitiert. Mir und meinen Mentoren-Freunden geht es heute nicht mehr um Gewinnmaximierung und die Jagd nach immer mehr und mehr. Das liegt hinter uns, genug ist genug. Wir wollen jetzt unser Wissen und unsere Erfahrungen weitergeben. Deswegen reicht es, wenn sich das Schiff wirtschaftlich selbst trägt. Die Anschaffung des Katamaran ist private Angelegenheit. Die Betriebskosten jedoch müssen wir durch Chartereinnahmen und durch wohlgesonnene Unterstützer bestreiten. Wenn Unternehmen Gäste auf unser Schiff buchen, zahlen sie je nach Dauer und Ziel der Reise feste Chartergebühren. Start-up-Unternehmen haben in aller Regel dieses Geld nicht, in diesem Fall können sie auch charterfrei aufs Boot kommen. Wir Mentoren arbeiten alle kostenlos. Wir machen es aus Freude an der Sache.“ Der offensichtliche Spaß daran, mit kreativen Menschen zusammenzuarbeiten, ist schon ablesbar am Namen des Schiffes: SAMCAT. Das Akronym SAM steht dabei für „Spaß am Menschen“, CAT für Catamaran – ein schöner Name für die Idee, mit der das Schiff immer neuen Horizonten entgegensegeln wird. Die Programme an Bord wechseln im Wochenrhythmus. „Meet the experts“ werden die Tage genannt, in denen Experten aus unterschiedlichen Bereichen ihr Wissen über ausgewählte Themen (Beispiel Börsengang) zur Verfügung stellen. „Improve your business“ heißt die Chance für Teams, intensiv und visionär an ihren firmeneigenen Themen zu arbeiten. Das Angebot „Open your mind“ wendet sich an Querdenker, Kreative, Gründer und Unternehmer aus unterschiedlichen Bereichen, die eine Woche lang Erfahrungen zum wechselseitigen Lernen austauschen können. Und dann sind da noch die Segelenthusiasten, die an Transferrouten teilnehmen möchten oder einfach nur Navigations- und Segelerfahrung sammeln wollen. Für sie gibt es das Paket „Adventure“.

Community für Co- & Networking

Die Inspiration für neue Gedanken und Ideen soll nicht mit dem Abschied von Bord enden. Schildmacher schwebt die Bildung einer weltweit vernetzten Community vor, die Coworking und Networking betreibt. Entweder untereinander oder als Direkthilfe der Mentoren zur Begleitung von Start-up-Unternehmen in ihrer Anfangsphase und darüber hinaus. Wo immer die SAMCAT gerade segelt und die Mentoren sich gerade befinden – sie helfen auf Wunsch von See aus bei spannenden Projekten der Start-up-Jungunternehmer.

Martin Schildmacher fällt der Übergang in das neue Abenteuer nicht so leicht, wie er angenommen hatte, zu sehr ist er noch den alten Aufgaben verpflichtet: „Es fällt mir jetzt gerade unheimlich schwer, runterzufahren“, sagt er, der es gewohnt ist, immer „Gas zu geben“. Doch rückt die neue Phase unaufhörlich näher, was ihn mit Riesenvorfreude erfüllt, ihm aber auch die eine oder andere Sorge bereitet. Bis zu 15 Meter hohe Wellen im Golf von Biscaya, schwieriges Segelterrain im Golf von Lyon: Der Besitzer aller nötigen Schiffspatente für die hohe See hat gesunden Respekt vor den Gewalten der Natur, er ist alles andere als leichtsinnig. Schon in wenigen Tagen startet das Abenteuer. Am 12. November wird er das Schiff in Bordeaux in Empfang nehmen. Am 8. Dezember wird es eingesegelt und von Schildmacher nach La Rochelle verholt, wo die technische Ausstattung komplettiert wird: elektrische Winschen, Wi-Fi, Segelgarderobe und so weiter. Schade nur, dass die SAMCAT zunächst noch auf die neueste Satellitenkommunikationstechnik verzichten muss. Dies hat einen guten Grund: Das weltumspannende Netz der Iridium-Telekommunikationssatelliten wird gerade nach und nach durch eine neue, modernere Generation ersetzt. Die sogenannten Iridium-NEXT-Satelliten werden in Zukunft dann zusätzlich auch weltweiten Breitband-Internetzugang anbieten können, was Schildmacher unbedingt nutzen will: „Wir werden da wohl bis Ende 2018 noch warten müssen, können uns aber bis dahin mit unserer alten Technik behelfen.“

„Ich setze meine Rente gegen ein Schiff ein.“ – Martin Schildmacher –

Der erste Törn ist bereits ausgebucht

Mitte Januar bereits werden Martin Schildmacher und Ralph Appru dann – ein passendes Biscaya-Wetterfenster vorausgesetzt – raus auf den Atlantik segeln und Richtung Portugal nach Lissabon steuern. Dort wird noch einmal die gesamte Technik überprüft, so verlangen es die Garantiebedingungen der Werft. Anschließend geht es durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer bis nach La Grande Motte bei Marseille, wo die SAMCAT auf einer Messe ausgestellt wird – ein passender Ort für gezielte Werbung. In der ersten Maiwoche endlich wird das 32-Tonnen-Schiff zu seinem ersten offiziellen Törn mit einem Gästeteam an Bord aufbrechen. Von La Grande Motte aus geht es nach Cannes. Der „Improve your business“-Schlag ist mit acht Personen bereits ausgebucht. Kosten pro Person und Woche: 2.495 Euro.

Zwei Jahre wird die SAMCAT zunächst im Mittelmeer unterwegs sein. Dann geht es von den Kapverden über den Atlantik bis Barbados und in die Karibik. An wechselnden Stationen nimmt die SAMCAT-Crew neue Wochengäste auf. Von der Karibik geht es über die Azoren-Inseln wieder zurück ins Mittelmeer, dann wieder in die Karibik, wo die Entscheidung fallen wird, ob es durch den Panamakanal weiter in den Pazifik geht. Spätestens dann wird die Bordsprache ausschließlich Englisch sein.

Die Spannung ist in diesen Tagen groß. Die Familie ist vorbereitet. Schildmachers Lebensgefährtin, die ein erfolgreiches Kosmetikstudio in Gütersloh führt, wird alle sechs Wochen an Bord kommen, aus dem gemeinsamen Leben in Gütersloh wird eine Fernbeziehung, an die beide glauben: „Wir werden die Tage auf dem Schiff sehr intensiv zusammen erleben und freuen uns schon darauf.“ Ähnliches gilt auch für die Kinder, die bereits junge Erwachsene sind.

Krimiautor schreibt SAMCAT-Roman live an Bord

Typisch Schildmacher: Zum Schluss unseres Besuchs in seinem Haus erzählt er nebenbei, dass das SAMCAT-Abenteuer auch noch durch einen Krimi begleitet wird. Ein regionaler Kriminalschriftsteller aus Berlin, der in seinen Büchern Realität mit Fiktion vermischt und jährlich 60.000 Bücher verkauft, wird für die Überführung nach Marseille bzw. La Grande Motte an Bord kommen. Schildmacher hatte ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, auf dem Schiff einen Krimi zu schreiben, in dem die reale SAMCAT mit ihrer Crew die Hauptrolle spielt. Rund um die Crew und ihre Gäste will er eine Mordgeschichte während der tatsächlichen Tour des Schiffes entwickeln. Die Story ist bereits angelegt und sie geht so: Eine Geologin mietet sich auf dem Schiff ein, die auf Stromboli Forschungen betreiben will. Tatsächlich ist sie eine Auftragsmörderin, die dem real auf dem Schiff sich befindenden Gründer der deutschen Vereinigung der E-Mobilität, Frank Möller, im Auftrag von Rohölkonzernen an den Kragen will und so nimmt die Geschichte ihren Lauf. Alles ganz real-fiktional: An der Außenwand der SAMCAT wird zum Beispiel ein Einschussloch simuliert. Der Krimi wird als Blog ins Internet gestellt, wo die Leser aus dem Text heraus Passwörter ermitteln können, die ihnen Zugang zur Bordkamera ermöglichen, wo sie die handelnden Personen tatsächlich sehen können.

Kein Zweifel, dass Schildmacher und der Krimiautor dieses Unterprojekt mit Inbrunst pflegen werden. Und es wird auch auf Mykonos ein Konzert geben, auf das sich Schildmacher mit Saxophon, Keyboard, Mischpult usw. an Bord vorbereiten wird. Mit seiner Band „VRAIGAIST“ hatte er bereits Auftritte in Mohns Park und im Theater der Stadt.

Fällt es ihm nicht schwer, Freunde, Bekannte, die Familie vor allem, für längere Zeit zu verlassen und sie nur noch sporadisch zu sehen? Ja, aber der Hunger nach neuen Begegnungen, Aufgaben und Projekten ist zu groß und Gütersloh dafür letztlich zu klein. Schildmacher: „Es ist klar: Ich setze meine Rente gegen ein Schiff ein. Aber ich weiß auch, dass es mich glücklich machen wird. Mein altes Berufsleben liegt hinter mir, ich will und ich kann es so nicht mehr weiterführen. Mein neues Leben beginnt jetzt.“

Zum Beitrag der GT-INFO

 

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